Spätrömische Höhenbefestigung – Forschungen am Katzenberg
Dr. Angelika Hunold 
Forschungsbereich Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte [VAT] des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz/Mayen
(Entnommen aus dem Jahresbrief 2007)

Über 100 Jahre wurde der Katzenberg archäologisch erforscht – soweit es sich um verbürgte, heute noch nachprüfbare Arbeiten handelt. Noch etwas länger liegt es zurück, dass Josef Krämer aus Mayen die Spuren einer spätrömischen Befestigungsanlage auf diesem Schieferkegel an der Nette entdeckte. Erst am 22. August 1949 berichtete ein Artikel in der Rheinland-Pfälzischen Landeszeitung über Krämers erste Untersuchungen auf eigene Faust, begonnen aufgrund der Annahme, diese Bergkuppe müsse „irgendeine Bedeutung in der Vorzeit“ gehabt haben:

„Ich gewann diese Erkenntnis im Jahre 1900 bei einer Schürfung auf der Südseite des Berges und sagte mir, hier haben Menschen gewohnt. Von da an bis 1911 buddelte ich zu meinem Vergnügen, wenn auch meine Behauptungen zunächst ungläubig aufgenommen wurden. Ich ließ aber keine Ruhe und endlich hatte ich den hochverdienten Kenner des Altertums, Prof. Dr. Lehner vom Rheinischen Provinzialmuseum so weit, dass er sich zu der Erkenntnis durchrang, bei diesen Entdeckungen am Katzenberg handele es sich um eine sehr frühe Befestigungsanlage. …“.

Josef Krämer sollte Recht behalten – eine lange Reihe von Feldforschungen nahm damals ihren Anfang und gewiss ist es seiner Initiative zu verdanken, dass aus dem anfänglichen „buddeln“ eine systematische Ausgrabung wurde – schließlich war Krämer nicht irgendein Schatzsucher, sondern Mitarbeiter des Bonner Provinzialmuseums und später, im jungen Rheinland-Pfalz, Beauftragter des Landeskonservators für die heimischen Bodenfunde. Wo er die erwähnte „Schürfung“ genau angesetzt hat und was er dort fand, bleibt allerdings offen; einen Geschichtsverein, der Ausgrabungen und Funde akribisch dokumentierte gab es noch nicht. Dies änderte sich jedoch bald: Im Jahr 1904 wurde mit der Gründung des Geschichts- und Altertumsvereins für Mayen und Umgebung (GAV) die Altertumsforschung in der Region auf eine neue Grundlage gestellt. Gerade in seinen Anfangsjahren war der Verein stark an archäologischen Objekten und Fundstellen interessiert; durch eigene Ausgrabungen, gut geführte Fundbücher und den Aufbau einer Sammlung erschloss er Quellen, mit denen auch moderne Archäologen noch problemlos arbeiten können.

Schon 1907 nahm sich der neue Verein auch des Katzenbergs an. Das Mayener Fundbuch vermerkt unter der Überschrift „Funde aus der Römerzeit auf dem Südabhang des Katzenberges“ folgendes:
„Im August 1907 wurde dort eine Mauer ohne Mörtel, ungefähr 2,50 m lang und 0,60 bis 0,70 m hoch, freigelegt. Ferner fanden sich dort Dachziegel, Bodenplatten und eine Partie Topfscherben, verschiedene Eisenteile, Schloss, Ringe, Nägel, Kettchen usw. und eine Münze von Constantius 337-361“.

Die Funde gingen in die Sammlung des ebenfalls neu gegründeten Eifelmuseums ein. Bei der Mauer dürfte es sich um einen Abschnitt der südlichen Umfassungsmauer gehandelt haben. Mit dieser kleinen Ausgrabung begann die gezielte archäologische Untersuchung der Befestigung.
Noch in demselben Jahr wurde auch das Rheinische Provinzialmuseum in Bonn auf den Katzenberg aufmerksam, nicht erst 1911, wie in der Erinnerung Josef Krämers. Das Provinzialmuseum war die für archäologische Ausgrabungen zuständige preußische Behörde; gemeinsam mit dem GAV legte es unter Aufsicht von Joseph Hagen 1907 und 1908 auf der Nord- und Ostseite der Bergkuppe einen ersten Fundamentgraben frei. Das Vorgehen in vielen kleinen Schnitten war durchaus modern und sorgfältig und könnte auch heutigen Ansprüchen genügen. Exakte Zeichnungen der Befunde sind in den Bonner Skizzenbüchern überliefert. Im Mayener Fundbuch steht dazu:
„Spätrömischer Festungsgraben auf dem Katzenberg. Im Jahre 1907 und 1908 wurde auf dem Katzenberg ein Spitzgraben aufgedeckt. Außer vielen spätrömischen Scherben wurden dort drei Pfeilspitzen, Hammer, Haken, Schloss?, Schmuckstück und Fibel mit Emaileinlagen aus Bronze und Münzen von Zeit Constantins gefunden.

Die Funde sind im Museum unter Nr. 186 in der Sammlung. Münzen: ein Stück Constantin d. Gr., ein Urbs Roma, zwei Constantius, ein Constantin jun. Auch wurde dort eine Wohnstätte aus der Steinzeit (Untergrombacher Periode) aufgedeckt. Es wurden dort Steinwerkzeuge, Feuersteine, Hirschzacken und zwei Muscheln gefunden. Die Funde kamen nach Bonn ins Provinzial Museum.“

Die römischen Funde gelangten also in das Eifelmuseum – ein Großteil von ihnen ist noch heute vorhanden. Bei den „Pfeilspitzen“ handelt es sich übrigens um Geschossbolzen des Militärs, die gerade in den letzten Jahren häufig als Neufunde auf spätrömischen Festungen aufgetreten sind. Mit dieser Notiz im Fundbuch endet die Berichterstattung durch den Geschichts- und Altertumsverein – die Untersuchung des Katzenberges dürfte fortan ganz in professionelle Hände übergegangen sein. Schaut man sich jedoch die immense Arbeitsleistung an – im Lauf der Zeit wurden am Katzenberg 247 Grabungsschnitte angelegt – ist es mehr als wahrscheinlich, dass Mitglieder des GAV auch in späteren Jahren als freiwillige Grabungshelfer eingesetzt waren. Interessant ist die Erwähnung jungsteinzeitlicher Funde bereits zu diesem frühen Zeitpunkt, denn im Bericht des Provinzialmuseums von 1910 ist davon noch keine Rede. Dort wird die Entdeckung einer „spätrömischen Niederlassung“ beschrieben. Schon damals hat der Direktor des Provinzialmuseums, der Archäologe Hans Lehner, erkannt, dass ein „Bedürfnis nach Schutz gegen die sich mehrenden Germaneneinfälle“ der Grund für die Errichtung der spätrömischen Höhenbefestigungen war:

„… Aus dem Tal der Nette steigt … schroff der Schieferkegel des Katzenberges empor, auf dessen Höhe durch den Altertumsverein Mayen eine spätrömische Niederlassung festgestellt wurde. Die Untersuchung dieser Niederlassung wurde vom Provinzialmuseum und dem genannten Verein weitergeführt, und es fand sich, dass der Katzenberg auf halber Höhe von einem Spitzgraben umgeben war, der, in den Fels eingehauen, fast den ganzen Berg umgab. Nur an den schroffsten Stellen scheint man auf seine Anlage verzichtet zu haben. Scherben und Münzen aus der Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. beweisen, dass diese befestigte Station der spätrömischen Zeit angehört. Sie dürfte wohl zur selben Zeit entstanden und demselben Bedürfnis nach Schutz gegen die sich mehrenden Germaneneinfälle entsprungen sein, wie die spätrömischen Straßen- und Ortsfestungen, die an verschiedenen Stellen der Eifel und des Hunsrücks (Bitburg, Jünkerath, Neumagen) bekannt geworden sind. Auch in diesem Jahre wurden die Arbeiten des Provinzialmuseums durch die Besitzer der Grundstücke, vor allem aber durch die verständnisvolle Hilfe des Vorstandes des Altertumsvereins Mayen in dankenswertester Weise unterstützt und gefördert. …“ (Beilage Bonner Jahrbücher 119, 1910, 73).

Trotz der guten Zusammenarbeit folgte aus heute unbekannten Gründen eine elfjährige Unterbrechung der Arbeiten; zuletzt verhinderte zweifellos der Erste Weltkrieg weitere Untersuchungen. Erst im Sommer 1919 setzte das Provinzialmuseum die Ausgrabung fort – mit Josef Krämer als Vorarbeiter. Gleich im ersten Jahr gelang es, die wesentlichen Bestandteile der äußeren Umwehrung aufzufinden: Zu dem ersten, inneren Fundamentgraben kam ein zweiter, äußerer hinzu, so dass im Nordosten zwei ineinander gestaffelte Mauern festgestellt werden konnten. Im Osten und Westen kam jeweils eine Mauer aus Basaltlava und Schiefer zutage.

Im Inneren, auf dem höchsten Punkt der Bergkuppe, fanden sich Spuren eines rechteckigen Gebäudes, der Wachstation.  Die örtliche Presse war begeistert und begleitete die Grabung mit großem Interesse. Am 19. Juli 1919 berichtete Sebastian Hürter in der Mayener Volkszeitung:
„… Recht sonderbar mutet uns seit einigen Wochen der sonst so malerisch sich darbietende Katzenberg an. Helle Streifen, von allen Seiten weithin sichtbar, durchqueren die spärliche Bewachsung dieses Schieferkegels. Der Spaten des Geschichtsforschers hat nämlich angesetzt und leistet für die Ergründung der Heimatkunde Mayens schätzenswerte Dienste. Schon längst stand es für den Scharfblick des kunden Forschers fest, dass die für jeden leicht zu beobachtende Terrassenbildung in der unteren Hälfte des Bergabhanges eine Folge ehemaliger Anlagen sein müsse. Nun haben die neuesten Ausgrabungen des Provinzialmuseum Bonn diese Vermutungen vollauf bestätigt. Es handelt sich um eine Befestigungsanlage aus spätrömischer Zeit … Sämtliche … Anlagen sind soweit freigelegt, dass auch der Laie sich ein Bild von der einstigen Befestigungsart machen kann. …
Naturfreunde, die vielleicht in den ausgeworfenen Gräben und Versuchsstreifen eine gegenwärtige Verunzierung des uns allen heimischen Katzenberges erblicken wollen, sei nur zu Beruhigung mitgeteilt, dass nach Beendigung der Ausgrabungen sämtliche Gräben wieder zugeschüttet werden und für eine regelmäßige Bewachsung der Bergfläche Sorge getragen wird. …
Herr Professor Dr. Lehner hofft, sobald günstigere Reiseverhältnisse eingetreten sind, mit dem Verein der Rheinischen Altertumsfreunde aus Bonn die römische Festung … zu besichtigen und vom Standpunkte der Wissenschaft die Bedeutung derselben eingehend zu würdigen. Zu dieser Führung wird auch an den Mayener Geschichts- und Altertumsverein eine Einladung ergehen, so dass unsern Mitgliedern Gelegenheit geboten ist, aus fachmännischem Munde alles Wissenswerte über diese interessanten Entdeckungen zu erfahren“.

Im Lauf des Sommers kam schließlich auch im Süden, über dem Nettetal, eine gut erhaltene Mauer zum Vorschein, noch dazu flankiert und verstärkt durch die beiden Rundtürme – ein Befund, der noch wesentlich anschaulicher und leichter verständlich war als die bisher entdeckten. Sebastian Hürter schrieb am 31. Oktober 1919 in der Mayener Volkszeitung:
„… Mittlerweile hat nun der Spaten des Archäologen weiter seine Schuldigkeit getan und eine neue Art Festungsanlage zu Tage gefördert, die dem Laien den Führer zur Erfassung des vollen Verständnisses von vornherein erspart, da sie ihn vor ein Befestigungswerk stellt, das … an noch vorhandene Reste unserer mittelalterlichen Stadtbefestigung erinnert … Diesmal handelt es sich um den direkt nach der Nette zu abfallenden Abhang des Katzenberges…  Hier sind wir in dem neu entdeckten Festungsgebiet angelangt und stehen mitten in einem spätrömischen Kastell. Ein Blick nach Krechels- und Kirchers-Mühle hinüber lässt uns bald den Zweck der ganzen Anlage erkennen: Verteidigung des Netteüberganges und der durch die Schlucht zwischen den beiden genannten Mühlen zur Römerzeit führenden Wege… Soviel steht jedenfalls fest, dass die Wirkung der Gesamtanlage auf den Beschauer auch heute noch überaus wuchtig ist.“

Angesteckt von der Begeisterung für Altertümer, kommt der Autor dann auf eine Idee, die uns Menschen des 21. Jahrhunderts absolut modern und aktuell vorkommt: Er denkt über eine Konservierung der Anlage nach, um sie für interessierte Besucher zugänglich zu machen:
„… Hoffentlich gelingt es dem Vorstande unsers Geschichts- und Altertumsverein, Mittel und Wege zu finden, um mit Hilfe aus dem in nächster Nähe liegenden Material den Türmen verschiedene Schichten wieder aufzusetzen, sowie das Innere derselben zu räumen, damit auf diese Weise die spätrömische Festung – entsprechende Funde bestätigen dieses Zeitalter – der heutigen Generation anschaulich vor Augen geführt und kommenden Generationen erhalten werden kann. …
Zum Schlusse sei dem Wunsche Ausdruck verliehen, dass Herr Professor Dr. Lehner-Bonn seinem Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre die vollständige Erschließung des Kastells auf dem Katzenberg einreihen möge. Handelt es sich doch hier um ein Werk, das wert ist, im Interesse der Erforschung der rheinischen Heimatgeschichte ganz besonders gepflegt zu werden.“

Viele Wünsche, aber bis zu ihrer Verwirklichung sollte es noch ein langer Weg werden. Zunächst mussten die Grabungen vorangehen. Bis 1922 untersuchte man vor allem den Innenraum der Befestigung auf der Bergkuppe. Josef Krämer wurde dabei mittlerweile von seinem Sohn unterstützt, die Leitung von Bonner Seite lag abwechselnd bei Hans Lehner, Franz Oelmann und Joseph Hagen. Neben der schon bekannten Wachstation kamen viele kleinere Gebäude zutage, die in steilen Hängen auf kleinen Terrassen, sogenannten Felskammern errichtet waren.

Immer wieder fanden sich aber auch Spuren einer viel älteren Besiedlung: Kleine Häuser der jungsteinzeitlichen Michelsberger Kultur hatten im 4. Jahrtausend v. Chr. am Westhang des Katzenberges gestanden. Das Interesse der Altertumsfreunde in der Bürgerschaft war ungebrochen; so schrieb Rektor Joseph Hilger, Mitautor der „Geschichte von Mayen“, am 18. September 1920 in der Beilage des Rheinischen Boten:
„Als das wichtigste Ausgrabungsfeld der an archäologischen Funden so reichen Stadt Mayen hat sich der unter-halb derselben gelegene Katzenberg erwiesen. Die vor einem Jahre begonnenen und dann ausgesetzten Ausgrabungen daselbst wurden in letzter Woche wieder aufgenommen. Der dortige Geschichts- und Altertumsverein hat damit eine bewährte Kraft betraut. Es ist der seit zehn Jahren beim Provinzialmuseum in Bonn angestellte Herr Joseph Krämer von Mayen, der sich um die Altertumskunde von Mayen und Umgebung die größten Verdienste erworben hat. … Die sachkundige Hand des Herrn Krämer hat wiederum schöne Erfolge aufzuweisen. … Der Katzenberg bildete … ein gewaltiges, stark befestigtes Bollwerk, sowohl in der neolithischen wie auch in der römischen Zeit unter Konstantin. … Nach den Begriffen der damaligen Befestigungskunst musste das Werk als uneinnehmbar gelten. …
Die Freilegung dieses römischen Kastells bildet für die Geschichte von Mayen und die Altertumskunde des Rheinlandes eine wichtige Entdeckung, da es uns ein vollständiges genaues Bild einer solchen römischen Befestigungsanlage vor Augen führt. … Altertumsfreunden dürfte die Besichtigung der freigelegten römischen Befestigung sehr zu empfehlen sein.“

Auf die Grabungskampagnen der zwanziger Jahre folgte wiederum eine Pause von neun Jahren. Der Katzenberg geriet jedoch keineswegs in Vergessenheit: Joseph Hagen veröffentlichte in dieser Zeit sein noch heute in weiten Teilen gültiges Werk über die Römerstraßen der Rheinprovinz, in dem auch die spätrömische Höhenbefestigung ihren Platz zur Verteidigung des römischen Wegesystems fand. Auch die lokale Forschung ruhte nicht – Peter Hörter schilderte am 4. Juni 1924 in der Mayener Zeitung eine Zeitreise durch die Menschheitsgeschichte von der älteren Steinzeit bis zum frühen Mittelalter, worin der Katzenberg Zeuge der verschiedenen Völker und Kulturen wird:
„Der Name des im Osten von Mayen gelegenen Berges, der bis vor etwa 15 Jahren nur den Bewohnern von Mayen und der nächsten Umgebung bekannt war, ist heute dank den Arbeiten des Provinzialmuseums Bonn und des Mayener Geschichts- und Altertumsvereins weit über die Grenzen des Rheinlandes gedrungen. …

(Den) Menschen der älteren Steinzeit folgten in der jüngeren Steinzeit schon Völker in größeren Massen, welche schon Ackerbau und Viehzucht betrieben. Und gerade die älteste Ansiedlung dieser Zeit in der ganzen Umgebung fanden wir an der Ostnordseite des Katzenbergs. Es ist dies das bekannte steinzeitliche Erdwerk aus der sogenannten Pfahlbauzeit. …
Aber nicht nur in dem Erdwerk und um dasselbe fanden sich Hüttenreste und Feuerstellen dieser Menschen, sondern auch auf dem Katzenberg und an dessen Hängen hatten diese sich eingenistet; denn Hüttenreste sind dort schon mehrfach gefunden worden. Sie scheinen aber schon Nachkommen der Bewohner des Erdwerks gewesen zu sein, da ihre Waffen und Gefäße schon etwas weiter vorgeschritten sind. … Jetzt bricht eine neue Zeit an, die römische. … Bald erkannten auch die Römer die Lage des Katzenbergs als strategischen Zwecken dienend sehr günstig und errichteten auf dessen Gipfel eine Wacht- und Signalstation. …

Dort wird auch eine kleine Besatzung gelegen haben. … Als nun im Anfang des 5. Jahrhunderts die Römerherrschaft am Rhein sich ihrem Ende näherte und die Franken in unsere Gegend vordrangen, werden sich auch am Katzenberge Kämpfe abgespielt haben. … Wie die Kämpfe ausgelaufen sind, wissen wir ja. Die Römer wurden von hier vertrieben. Somit haben wir gesehen, dass der Katzenberg und dessen nächste Umgebung für die Besiedelungsgeschichte und als Befestigungswerk von den ältesten Zeiten bis zur fränkischen Zeit eine bedeutende Rolle gespielt hat. …“

1931 und 1932 wurden erneut Grabungen am Katzenberg aufgenommen. Die beiden Krämers, Vater und Sohn, waren wieder die Ausführenden vor Ort. Franz Oelmann hatte unterdessen die Leitung des Provinzialmuseums übernommen. Zum ersten Mal wurde ein Höhenschichtenplan des Katzenbergs gezeichnet, so dass nun endlich auch auf dem Ausgrabungsplan zu sehen war, wie steil die Bergflanken abfielen und an welch gewagten Stellen ein Teil der Mauern und Gebäude gestanden hatte. 1932 wurde auch eine Serie von Grabungsfotos und Luftbildern aufgenommen – besonders erfreulich für alle, die sich heutzutage mit der früheren Erforschung des Katzenberges befassen: Da neben den Plänen kaum Beschreibungen von der genauen Vorgehensweise der Ausgräber existieren, verschafft ein Blick auf diese Bilder oft Klarheit. Erstaunlich ist auch das Landschaftsbild, zeigen die Fotos doch häufig eine viel spärlichere Vegetation als wir sie heute vom Katzenberg kennen.

Viele Details der Befestigung konnten 1931-1932 genauer untersucht werden, wie beispielsweise die Mauerverläufe im Westen und Osten; dagegen ließ sich nun klar erkennen, dass es an der steilen, von Natur aus geschützten Südwestseite gar keine Mauer gegeben hatte. Im Inneren der Anlage stieß man quasi in Neuland vor: An dem steil zur Nette hinführenden Schiefergrat der Ostseite wurde eine neue Grabungstechnik angewandt; auf dem Luftbild sticht hell der nackte Fels hervor und man erkennt deutlich, dass dort nicht ein schmaler Schnitt, sondern die gesamte Fläche freigelegt ist. Zum Vorschein kam ein starker Palisadenzaun und dahinter eine dichte Bebauung mit barackenartigen Hütten. Das große Plateau des Katzenberges erwies sich dagegen überraschend als völlig leer.
Die Fassade der Südmauer wurde komplett freigelegt, ebenso die beiden Türme. Den höher gelegenen, direkt in die Mauer eingebauten Turm grub man auch innen vollständig aus; er war damals gut erhalten und besaß noch einen Eingang mit Türwange. Eine kurze Notiz im Jahresbericht 1931 des Eifelvereinsmuseums verrät, was man mit dem Turm vorhatte:
„… Am Katzenberg bei Mayen, auf dem sich gegen Ende der Römerherrschaft eine befestigte römische Warte befand, wurden vom Provinzialmuseum Bonn römische Gräben und Mauern, die durch zwei Rundtürme verstärkt waren, ausgegraben. Der Geschichts- und Altertumsverein hat die Wiederherstellung beider Türme beschlossen. Mit dem Ausbau des höher gelegenen Turmes ist bereits begonnen worden…“. (Nachrichtenblatt für Rheinische Heimatpflege 4, 1932/33, Heft 1/2, 53).

Die Idee der Konservierung war also nach wie vor lebendig und sollte auch in die Tat umgesetzt werden ‑ als wir den Turm 1998 erneut freilegten, war von einem begonnenen Ausbau allerdings nichts mehr zu sehen.
Ursprünglich rechnete Oelmann mit einem Abschluss der Arbeiten im Jahr 1932, doch aus seinem letzten Jahresbericht geht hervor, dass „ …die im Vorjahre wiederaufgenommene Untersuchung zwar zeitweise fortgesetzt, aber infolge anderweitiger Inanspruchnahme der Vorarbeiter noch nicht vollendet werden“ konnte (Bonner Jahrbuch 138, 1933, 156). Dennoch endete mit der Grabungskampagne 1932 die Ausgrabungstätigkeit des Rheinischen Provinzialmuseums Bonn am Katzenberg; 1934 gelangten lediglich noch acht spätantike Münzen als Oberflächenfunde vom Katzenberg nach Bonn. Weitere Nachrichten fehlen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Machtergreifung der Nationalsozialisten am Abbruch der Feldforschung in der spätrömischen Befestigung schuld war. Auch in der Archäologie verschoben sich die Prioritäten und römische Projekte hatten fortan einen schweren Stand.
Am 26. April 1965 besichtigte Hans Eiden, der Leiter des nun für unser Gebiet zuständigen Landesdienstes für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz, den Katzenberg. In seinem Reisebericht schildert er eine Veränderung an der Südwestflanke:

„An der Westseite der spätrömischen Befestigung auf dem Katzenberg ist in halber Hanghöhe auf einer Terrasse (auf) eine(r) Fläche von etwa 50×60 m das gesamte Erdreich über dem darunter liegenden Basaltgestein weggedrückt worden im Zuge der weiteren Ausdehnung des dort seit Jahren in Betrieb befindlichen Basaltsteinbruches. Das Erdreich wurde hangseitig weggekippt und ein neuer Zufahrtsweg zur Terrasse angelegt.
Bei den Erdbewegungen sind zweifellos vorgeschichtliche und römische Kulturschichten entfernt worden. Von mir bei der Begehung in dem weggedrückten Erdreich aufgelesene Scherben aus beiden Zeitstufen beweisen es. Durch diese Erdbewegungen scheint jetzt auf dem „Wohnpodium“ so ziemlich alles, was zerstört werden konnte, vernichtet zu sein. …“.

Eiden beobachtete hier Arbeiten an dem noch heute deutlich sichtbaren Steinbruch der Firma Diederich am Rande des Plateaus. Die beschriebene Erdbewegung war bis 2001 in der Tat nicht zu übersehen – sie hatte auf dem Plateau hohe, haldenartige Aufschüttungen hinterlassen. Seine Befürchtungen waren aber weitgehend unbegründet, denn wir befinden uns an einer Stelle, wo es weder eine Mauer noch Gebäude gab – der Verlust belief sich also wohl lediglich auf etwas Fundmaterial. Die geplante Steinbrucherweiterung fand seinerzeit nicht statt, vielmehr wurde der Bruch bald darauf aufgegeben.

Ein zweites Mal besuchte Eiden den Katzenberg am 24. September 1975. Bei dieser Begehung galt sein Augenmerk dem Gesamtzustand der Anlage:
„… Der in dem Beginn der zwanziger Jahre durch Lehner festgestellte Befund mit den beiden konzentrisch angelegten Ummauerungen sowie der Innenbebauung, die zur Hauptsache durch Einarbeitungen im anstehenden Schieferfels erkennbar sind, heben sich gut ab. Bewuchs ist an dem westlichen Teil der Anlage, der Wind und Wetter ausgesetzt ist, nicht vorhanden. Dadurch sind alle Einarbeitungen in den anstehenden Fels verhältnismäßig gut erkennbar.“

Über diese Schilderung, die gar nicht allzu lange zurückliegt, kann man heute nur staunen: An der Westflanke ist der Bewuchs mittlerweile ebenso stark wie an vielen anderen Partien und vor den neuen Untersuchungen waren die Spuren der Befestigung keineswegs gut zu erkennen. Der geringe Bewuchs könnte im übrigen noch einen anderen Grund gehabt haben, denn es wird berichtet, dass sich von Zeit zu Zeit ein Flächenbrand auf dem Berg ereignete.

Ein weiterer Faktor kommt hinzu: Eiden sah den Katzenberg, bevor 1987 der Bau der Umgehungsstraße B 262 die Landschaft stark veränderte. Seither fällt die Westflanke wesentlich steiler ab; die westliche Wehrmauer ist nicht mehr auffindbar. Danach veränderte sich wenig; nur das Buschwerk nahm stetig zu und überwucherte beinahe den gesamten Berg.

Mit dem Vulkanpark-Projekt rückte dann 1996 die Idee in den Vordergrund, Nachgrabungen am Katzenberg zu unternehmen. Würden sich die alten Pläne als zuverlässig erweisen, könnte die Befestigung zu einer Sehenswürdigkeit im Vulkanpark werden. Auch die Forschung hatte viele Fragen an den Katzenberg, denn immer noch gibt es nur wenige gut ausgegrabene spätrömische Höhenbefestigungen, obwohl die Zahl der bekannten Anlagen ständig steigt – in Hunsrück und Eifel liegt sie mittlerweile bei 63. Der Katzenberg nimmt unter ihnen eine besondere Stellung ein, denn er ist die größte Befestigung in dieser Region.
Bis die Grabung beginnen konnte, mussten aber einige Vorbereitungen getroffen werden: So exakt die alten Pläne auch gezeichnet, so akribisch das Gelände auch vermessen worden war – keiner der damals gesetzten Messpunkte war noch bekannt. Von den einst gut sichtbaren Einarbeitungen in den Fels konnte man nur noch die Fundamentgräben der Wachstation auf der höchsten Kuppe erkennen. Aber wo genau waren die Mauern und Türme zu suchen? Dort an der Südflanke wollten wir beginnen, denn hier würde sich am schnellsten herausstellen, ob noch erhaltene Befunde vorhanden waren.

Im Frühjahr 1997 startete eine Begehung des Geländes vom Wanderpfad im Nettetal aus. Beim Absuchen der steilen Hänge fiel unter dem Dickicht eine Stelle auf, wo die Schichtung des Schieferfelsens nicht steil verlief, wie es natürlich ist, sondern waagerecht. Einzelne, nebeneinander gesetzte Schieferplatten waren zu erkennen. Der Turm an der Südostecke der Befestigung war gefunden – künftig hieß er Turm 1 und der Ausgrabung stand nichts mehr im Wege. So begannen im August 1997 nach 65 Jahren erstmals wieder Ausgrabungen am Katzenberg. Ausführende waren der Forschungsbereich Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz/Mayen und die Vulkanpark GmbH sowie die Stadt Mayen im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege, Abteilung archäologische Denkmalpflege, Amt Koblenz (heute Generaldirektion Kulturelles Erbe, Direktion Archäologie, Außenstelle Koblenz). Bis zu zehn ABM-Arbeitskräfte standen zur Verfügung. Damit ließen sich natürlich nicht die umfangreichen Untersuchungen von 1907-1932 wiederholen; vielmehr kam es darauf an, geeignete Stellen auszuwählen, um erstens Forschungsfragen zu klären und zweitens eine Partie zur Präsentation für die Öffentlichkeit herzurichten.
In den folgenden Sommern – und auch einen Winter lang – bis 2001 konnten an verschiedenen Teilen der Befestigung insgesamt 35 Schnitte angelegt werden. Die Arbeit unserer Vorgänger des frühen 20. Jahrhunderts erwies sich als vorbildlich – sie hatten exakt vermessen und dokumentiert, auch wenn wir heute einiges anders interpretieren. Gleichzeitig waren zum Glück aber noch genügend unberührte Befunde übrig; das beste Beispiel dafür ist Turm 1. Der Turm war nur von außen frei geputzt worden, das Innere aber unter einer schützenden Schuttschicht noch völlig intakt. So konnten wir darin nicht nur Baudetails der Wand, Verputzreste, einen Estrichfußboden und einen Eingang mit gepflastertem Vorplatz aufdecken, sondern auch Reste der einstigen Bedachung mit Schiefer. Eine Analyse im Labor der Firma Rathscheck Schiefer ergab, dass es sich um beste Schieferqualität aus der Lagerstätte am Katzenberg handelte.

Das am besten erhaltene Mauerstück auf der Südseite mit Turm 2 entzog sich zunächst hartnäckig der Auffindung. Schuld daran war eine sehr harte und mächtige, moderne Schuttschicht, dieselbe, die schon 1965 den Archäologen Hans Eiden entsetzt hatte. Mauer und Turm mussten mit Hilfe eines Baggers von dieser Schicht befreit werden, darunter kam jedoch intaktes Mauerwerk zum Vorschein.

Trotzdem war Turm 2 längst nicht so gut erhalten wie noch 1932; aber nicht die modernen Steinbrucharbeiten hatten dem Befund zugesetzt, sondern jahrzehntelanges ungeschütztes Freiliegen, wie Zeitzeugen zu berichten wussten. Zweierlei wird deutlich: Die damals angekündigte Konservierung ist offenbar nicht weit gediehen und die erneute Grabung ist auch aus denkmalpflegerischen Gründen dringend notwendig gewesen – einige Jahre oder Jahrzehnte später hätte man möglicherweise keine Mauerreste mehr angetroffen.

Die Bergkuppe wurde großflächig freigelegt, um die Wachstation und ihre Umgebung vollständig zu erfassen. Sie stellte sich als dicht bebautes Areal heraus, das einmal intensiv genutzt worden ist, denn gerade in den Felskammern, dort wo die Häuser aus Stein und Fachwerk gestanden hatten, lagen zahlreiche Münzen, Schmuckanhänger, Keramikfragmente und weitere Gegenstände.

Die Wachstation selbst hielt eine Überraschung bereit: Obwohl von ihr nicht mehr als ein flaches Fundamentgräbchen erhalten war, ließ sich feststellen, dass es sich um ein beheizbares Gebäude handelte.

Das Haus hatte eine Fußbodenheizung und konnte daher ständig genutzt werden, auch in der kalten Jahreszeit.

Bald hatte sich herausgestellt, dass die Substanz für eine Präsentation des Katzenberges als Vulkanpark-Denkmal vorhanden war; nun ging es an die Umsetzung. Alle Verantwortlichen entschieden sich für einen mutigen Schritt: Die Rekonstruktion der Südmauer mit den Türmen und ihren Nachbau auf dem Originalbefund quasi als Modell im Maßstab 1:1. Viele Fragen waren zu lösen, vor allem dort, wo die Ausgrabung keine direkten Hinweise auf das Aussehen der Bauten geben konnte, wie z. B. bei der Mauerhöhe, der Gestaltung des Wehrgangs oder den Fenstern in den Türmen. In solchen Fällen kann man auf verschiedene Informationsquellen zurückgreifen: Originale, noch gut erhaltene Bauten dieser Zeit kennen wir aus Ländern mit günstigem Klima, aus der Türkei oder Nordafrika. Auf einigen Darstellungen aus der Spätantike sind Befestigungsanlagen abgebildet. Auch die zeitgenössische Literatur gibt manchmal Hinweise auf das Aussehen von Bauten und Festungen.
Ausgezeichnet informiert waren wir dagegen, was die Dächer der Türme anging: Die Dachreste aus Turm 1 lieferten den Experten von der Dachdeckerfachschule Mayen alle nötigen Details und erwiesen sich so als echter Glücksfall.

Im Februar 2000 konnte der erste Spatenstich am Nachbau getan werden und 2002 wurde ein erster Rundweg mit Infotafeln eingeweiht. 2004 folgte durch Initiative der Firma Rathscheck Schiefer ein Schutzbau über dem Fundament der Wachstation mit weiteren Infotafeln sowie einem erweiterten Wegenetz. Seither ist der Katzenberg häufig Schauplatz eines „Römerlagers“ – aber auch an einem ganz normalen Tag können sich Besucher hier in die Spätantike zurückversetzen.

Was aber tun Archäologen, wenn die Ausgrabung abgeschlossen ist und alle Geräte wieder sauber verstaut sind? Nun zeigt sich, wie gut die Dokumentation ist, die sie während der Zeit im Gelände angefertigt haben: Zeichnungen, Fotos, Pläne, Tagebücher, Fundzettel, Fundkisten werden hervorgeholt und gründlich ausgewertet. Sie sind die Grundlage für alle Informationen, die aus einer Grabung zu gewinnen sind – aber ohne anschließende Bearbeitung wäre jede Ausgrabung umsonst gewesen. Daher nimmt die Auswertung auch mindestens ebenso viel Zeit in Anspruch wie die Ausgrabung selbst. In einem nächsten Schritt folgt der Vergleich der eigenen Ergebnisse mit schon Vorhandenem in der Fachliteratur. So nimmt Schritt für Schritt eine Bewertung der eigenen Fundstelle im historischen Zusammenhang Gestalt an. Schließlich muss alles in schriftliche Form gebracht werden, als Aufsatz oder Buch mit vielen Abbildungen, damit Kollegen und Öffentlichkeit wiederum von dem neuen Stand der Forschung profitieren können.

Vom Katzenberg können wir heute folgendes Bild entwerfen:
Die Höhenbefestigung wurde um 300 n. Chr. im Zuge einer einzigen Baumaßnahme errichtet. Sie war ein Militärposten mit permanent besetzter Wachstation und Teil eines übergeordneten militärischen Konzepts. Anlagen wie der Katzenberg waren notwendig geworden, als es nach Aufgabe der rechtsrheinischen Gebiete des Römerreiches immer wieder zu verheerenden Überfällen germanischer Gruppen kam. Spezielle Aufgabe der Befestigung war die Sicherung des wichtigen Wirtschaftsstandorts Mayen, der bereits seit langem für seine Mühlsteinproduktion und in spätrömischer Zeit auch für seine Keramikindustrie bekannt war. Zur Erfüllung dieser Aufgabe gab es neben dem Katzenberg mindestens drei weitere Höhenbefestigungen im Nettetal, die eine Verbindung zum Rheintal herstellten – die Nette-Kette.

Neben dem dicht bebauten Militärbereich auf der Bergkuppe hielt der Katzenberg auf dem Plateau auch eine kurzfristige Fluchtmöglichkeit für die Mayener Zivilbevölkerung bereit. Der Katzenberg wurde bis um 350 n. Chr. besonders intensiv genutzt, bestand aber noch bis weit nach 400 n. Chr.

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